von Jan Becker: Das Harald und ich mit unseren Makroobjektiven bzw. -aufsätzen auf der Suche nach kleinen bis mittelgroßen Insekten und Spinnen im Biotop unterwegs sind, sollte sich ja mittlerweile herumgesprochen haben.
Was seit etwas mehr als einem Monat aber neu ist, ist dass ich mir für meine Kamera ein sogenanntes Ultra-Makroobjektiv angeschafft habe. Während gewöhnliche Makroobjektive keine Vergrößerung besitzen, die Objekte also 1:1 abbilden, besitzt das Ultra-Makroobjektiv eine Vergrößerung von Faktor 2,5:1 bis Faktor 5:1. Man kann sich das so vorstellen wie ein kleines, portables Mikroskop, dass an die Kamera angeschlossen wird. Dieses Objektiv hat keinerlei Autofunktionen, es muss alles manuell eingestellt werden: Vergrößerung, Blende, Lichtkorrektur, etc.
Außerdem wird in der Regel aufgrund der für die Vergrößerung notwendigen geringen Blendenöffnung eine zusätzliche Lichtquelle benötigt (wie bei einem Mikroskop auch). Dafür gibt es einen eigens für dieses Objektiv entwickelten LED-Lichtring, der vorne auf das Objektiv geschraubt wird. Ebenfalls besonders ist, dass aufgrund der Vergrößerung der scharfe Bereich, die sogenannte Fokusebene sehr klein ist. Deshalb muss ich in der Regel das sogenannte „Stacking“ anwenden.
Dabei werden Fotos von möglichst allen Ebenen des Objektes gemacht, welche später am Computer mit Hilfe eines Algorithmus zu einem Bild zusammengerechnet wird. Um so Fotos in einer überragenden Bildqualität zu erhalten, benötigt es in der Regel ein Stativ mit einen sogenannten Makroschlitten, damit aus einer festen Position heraus automatisch durch das Objekt „durchfokusiert“ werden kann. So entstehen dann bis zu 150 Einzelbilder, die verrechnet werden können.
Die Tiere müssen dafür extrem lange stillhalten und in einer entsprechenden Position/Höhe vom Boden sitzen. Da der Fokus bei mir aber eher auf der Dokumentation möglichst vieler Arten liegt und der Boden im Biotop darüber hinaus sehr uneben ist, verzichte ich auf das Stativ und fotografiere, wie bei meinem normalen Makroobjektiv auch, aus der Hand.
Das hat zur Folge, dass ich bisher nur maximal 10 Einzelfotos zustande bringe und so auch nicht ganz alle Ebenen abdecken konnte. Darüber hinaus gibt es, auch wenn man die Kamera extrem still hält immer kleinere Bewegungen, die durch die Vergrößerung noch verstärkt werden und so zu Versätzen im Bildausschnitt führen, weshalb die Bilder noch zugeschnitten werden müssen.
Das Ergebnis ist daher nicht so perfekt wie mit einem Stativ, für eine weitgehende Bestimmung, sehr häufig auch bis zur Art sind sie aber sehr gut geeignet.
Doch jetzt genug Text, hier der Vorgang anhand eines konkreten Beispiels:
Originale, unbearbeitete Aufnahmen (Auswahl)
Zuschnitte der Fotos, um eine Deckung der Ausschnitte herzustellen (Auswahl)
Ergebnis nach Stacking aller Einzelaufnahmen und weiterer kleinerer Bearbeitungen (Nachschärfen, etc.)
Kleine Käfer im allgemeinen, Rüsselkäfer im speziellen, eignen sich ideal für diese Art der Fotografie, da sie häufig längere Zeit stillhalten und sich ihre Strukturen gut von der Umgebung absetzen.
Hier noch ein paar weitere so entstandene Käferbeobachtungen:
Stenocarus ruficornis von Darmstadt-West, Darmstadt, Deutschland am Januar 01, 2023 um 02:35 PM von Jan Becker · iNaturalist (Rüsselkäfer; Größe ca. 3 mm)
Gattung Ceutorhynchus von Darmstadt-West, Darmstadt, Deutschland am Dezember 27, 2022 um 11:53 AM von Jan Becker · iNaturalist (Rüsselkäfer; Größe ca. 3 mm)
Schwarzer Stachelkäfer (Hispa atra) von Darmstadt-West, Darmstadt, Deutschland am Dezember 31, 2022 um 02:45 PM von Jan Becker · iNaturalist (Blattkäfer; Größe ca. 4 mm)
Wer einen Eindruck bekommen möchte, wie klein die hier fotografierten Tiere in Wirklichkeit sind, kann sich zu Hause mal ein Geodreieck oder Lineal schnappen und 3 mm bis 5 mm lange Striche auf ein Blatt Papier zeichnen.
Ich denke, spätestens sobald es wieder Frühjahr wird, gibt es weitere faszinierende Einblicke in die Winzlinge des Biotops, welche sicherlich auch wieder an dieser Stelle präsentiert werden.
Die Postsiedlung – Biodiversität findet Stadt.