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Kiosk 1975: Fragen und Antworten zum Wiesen-Streit mit dem Grünflächenamt

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von Kiosk 1975-Freundinnen und Freunde: Zuerst möchten wir Euch DANKE sagen! Uns haben in den letzten Tagen so viele tolle Rückmeldungen zu unserer Arbeit erreicht – wir können es kaum fassen. Telefonate, E-Mails und persönliche Begegnungen – herzlichen Dank für die Rückmeldungen. Am Freitag Abend hat sich auch erstmalig eine Gruppe von Freundinnen und Freunden des Kiosk 1975 getroffen, um gemeinsam zu beratschlagen wie wir in der bizarren Auseinandersetzung mit dem Grünflächenamt gemeinsam handeln können. Viele gute Ideen liegen nun auf den Tisch und werden weiter entwickelt, für den Zeitraum nach den hessischen Sommerferien sind möglicherweise Protestaktionen geplant.

Hier unser ursprünglicher Blog-Beitrag vom letzten Donnerstag, 20.07.2023:

Da das Thema so viele unterschiedliche Ebenen hat, ist es nicht einfach es in allen Facetten zu verstehen. Daher hatten wir angekündigt, dass Ihr uns einfach Verständnisfragen stellen könnt – die wir dann ausführlich beantworten. Wir möchten auch weiter dabei bleiben, keine Namen von Verantwortlichen zu nennen, da wir keine persönliche Auseinandersetzung führen möchten, sondern eine Lösung in der Sache suchen.

Hier sind Eure Fragen & Antworten:

Frage: Gibt es schon eine offizielle Reaktion der Behörden oder Politik?

Antwort: Wir sind in diesen Tagen sehr oft angerufen worden. Gute und konstruktive Kontakte gab es mit dem Büro der Bürgerbeauftragten und der persönlichen Referentin des neuen Oberbürgermeisters Hanno Benz, der seine Unterstützung signalisiert hat. Der SPD-Landtagsabgeordnete Bijan Kaffenberger hat uns ebenfalls kontaktiert, hier steht ein Gespräch noch aus. Weiterhin gab es Gespräche mit einer Reihe von städtischen MitarbeiterInnen, die uns kontaktierten und uns im Vertrauen berichtet haben, wie schwierig sie dieses Vorgehensweise gegenüber uns empfinden. Hierbei wurde eine Reihe von ähnlichen Fällen benannt und u.a. immer wieder die Lincoln-Siedlung genannt.

Dann erreichte uns ein Anruf der Stadt, der uns auf charmante Art und Weise darauf hinwies, dass wir für die Quartierarbeit in Darmstadt-West städtische Zuschüsse erhalten würden und wir es uns daher gut überlegen sollten, uns in dieser Art und Weise „gegen die Stadt“ (Originalzitat) zu stellen. Ein bemerkenswerter Vorgang, den wir in dieser Art ehrlich gesagt nicht für möglich gehalten hätten. Wer demokratische Kritik übt, stellt sich „gegen die Stadt“ = riskiert den Bezug von Geldern für die solidarische Quartierarbeit? Wir fragen uns, was hier gerade vor sich geht?

Unser Verein Zusammen in der Postsiedlung und die darin aktiven Menschen sind frei und unabhängig und werden auch zukünftig jederzeit ihre Meinung publizieren.

Darüber hinaus gab es noch Telefonate mit der Presse.

Frage: Warum ist das Kiosk 1975 offiziell ein Gewerbe?

Antwort: Der Verein „Zusammen in der Postsiedlung e.V.“ ist ein gemeinnütziger Verein. Daher unterliegen wir der Kontrolle, ob die von uns verausgabten Gelder auch den genehmigten gemeinnützigen Zwecken dienen. Wir haben uns im Vorfeld der Kiosk 1975-Entwicklung sehr intensiv und breit damit beschäftigt, wie wir den Kiosk-Betrieb ohne eine Gewerbeanmeldung hinbekommen könnten. Ergebnis: Wenn wir kein Gewerbe anmelden, würden wir vom Finanzamt die Gemeinnützigkeit für den gesamten Verein verlieren. Daher betreibt der Verein nun diesen Gewerbebetrieb und trennt die Ein- und Ausgaben des Geschäftsbetriebs sehr klar von seiner gemeinnützigen Tätigkeit ab. Somit ist garantiert, dass kein einziger Spenden-Cent in den regulären Geschäftsbetrieb des Kiosk läuft. Wir finden das gut und wichtig. Der Verkauf von Himbeerbonbons, weißen Mäusen und Afri-Cola ist aber alles andere als gewinnträchtig. Da das Kiosk hohe Betriebskosten hat (wir müssen selbstredend auch Wartungskosten und Renovierungen selbst zahlen), wird es herausfordernd für uns, eine schwarze Null zu erwirtschaften. Obwohl das gesamte Team kostenfrei arbeitet. Daher benötigen wir einen gewissen Grad an Bewirtschaftung und auch Sitzplätze, damit wir keine Verluste erwirtschaften.

Wiese am Kiosk 1975: Plötzlich ein „wertvolles Trittstein-Biotop“

Frage: Welche Treffen gab es konkret mit Behördenvertretern der Stadt?

Antwort: Im ganzen mehrjährigen Entwicklungsprozess des Kiosk 1975 gab es unzählbar viele Koordinations- und Abstimmungstreffen mit dem Eigenbetrieb Immobilienmanagement (IDA) der Stadt, dem Amt für Denkmalschutz, dem Landesamt für Denkmalschutz, Dezernat II und III, dem Büro der Bürgerbeauftragten, dem Mobilitätsamt, dem EAD, E-Netz, dem Sozialmanagement der Stadt und eben auch dem Grünflächenamt. Dieser gesamte Prozess lief wunderbar konstruktiv, wir haben viel zusammen erreicht!

Wir haben dann vor mittlerweile drei Wochen über einen behördeninternen Tipp davon erfahren, dass das Grünflächenamt die Wiese an unserem Kiosk plötzlich als „wertvolles Trittstein-Biotop“ definiert. Selbstredend haben wir uns daher unmittelbar an den zuständigen Abteilungsleiter im Grünflächenamt gewandt (das Amt sitzt 20 Meter entfernt direkt gegenüber dem Kiosk) und für Donnerstag, 06. Juli um 10 Uhr zu einem Ortstermin verabredet.

Dieser fand wie geplant mit unserem Kiosk-Projektkoordinator statt. Da der zuständige Leiter erst seit Herbst 2022 beim Grünflächenamt arbeitet, wollten wir ihm gerne die bisherige Entwicklungsgeschichte und über die bisherige Einbindung einer anderen Abteilungsleitung im Grünflächenamt informieren. Leider wurde unser Ansinnen abgelehnt, er hätte keine Zeit dafür sich mit der ganzen Geschichte zu beschäftigen. Dann kam es zu den bereits benannten Aussagen zum „wertvollen Trittstein-Biotop“, zum Nutzungsverbot für uns und zur notwendigen Umzäunung, falls auf der Straße davor eine Veranstaltung stattfinden würde. Das ganze fand – für unser Gespür – in einem formalen, direktiven Tonfall statt, den wir für eine moderne Verwaltung im Bürgerdialog eigentlich als überwunden geglaubt hatten. Das Treffen ging im Konflikt und ohne konkretes Ergebnis auseinander.

Aufgrund dieses Aufeinandertreffens informierten wir – nach interner Beratung – den zuständigen Dezernenten und baten um ein zeitnahes und klärendes Vor-Ort-Gespräch. Dieses fand auch rasch am Dienstag, 11. Juli 2023 um 15:45 Uhr vor Ort statt. Der Dezernent hatte dazu die Leitung des Grünflächenamtes miteingeladen. Diese dominierte das gesamte Gespräch und bestätigte die bereits von ihrem Abteilungsleiter vorgenommene Einschätzung des „wertvollen Trittstein-Biotops“ und des künftigen Nutzungsverbots. Stattdessen sollten wir künftig immer nur die kleine Straße vor dem Kiosk nutzen. Wir trugen zahlreiche fachliche Bedenken vor, da wir beispielsweise von einem längeren Vor-Ort-Termin mit der Feuerwehr wussten, dass die Nutzung der Straße mit zahlreichen Restriktionen verbunden ist, welche Veranstaltungen an diesem Ort massiv erschweren oder sogar unmöglich machen. Ein wichtiger Faktor ist zudem, dass der wegfallende Schutz der Schatten der Bäume ein großer Einschnitt für die Gäste des Kiosk wäre. Wer will in der prallen Sonne sitzen? Ebenso unterbreiteten wir Vorschläge, dass wir uns zukünftig für die Wässerung von Bäumen und Teile der Wiese ehrenamtlich und auf eigene Wasserkosten kümmern könnten, damit der Trockenstress und damit einhergehende größere Verletzlichkeit reduziert werden könnte. Dies fand leider kein Gehör. Der Dezernent wiederholte mehrfach seine Einschätzung, dass ihn der Blick zurück auf die intensive Kiosk-Entwicklungsphase und geplante sozio-kulturelle Entwicklung jetzt nicht interessiere. Er wolle „nach vorne blicken“. Ihm sei der Schutz dieser Grünfläche wichtig, die Nutzung durch unseren Kiosk ein ernsthaftes Problem. Das Gespräch endete im Vorschlag, wir sollten künftig die kleine Straße vor dem Kiosk nutzen.

Kiosk-Eröffnung am 26. Mai: Alle Gäste stehen im Schatten der Bäume auf der Wiese – den schönen Stehtischen und Bänken zum Trotz…

Wir berieten uns daraufhin intern und nahmen auch nochmals das Maßband zur Hand: Kann beispielsweise die schon vor Monaten gebuchte Bühne für unser geplantes 70er-Jahre Konzert auf der kleinen Fläche, welche die Feuerwehr überhaupt genehmigen würde, überhaupt stattfinden? Es stand schnell fest: Wir könnten das Bühnenmobil nicht im Ansatz dort aufstellen. Zudem zeichnet sich ein Fest ja auch dadurch aus, dass beispielsweise ein Essensstand oder Toiletten aufgestellt werden. Doch bereits diese Infrastruktur inkl. Bühne würden in dem nur knapp über vier Meter breiten Sträßchen faktisch alles zustellen. Wie ein Fest in einem länglichem, schmalen Gang.

Für uns stand fest: Wir müssen dem zuständigen Dezernenten noch einmal persönlich mitteilen, dass das ausgesprochene Wiesen-Nutzungsverbot faktisch zu einer Absage der 70er-Fete und auch aller weiterer Aspekte von sozio-kultureller Belebung des Platzes führen würde. Daher machten wir es spontan möglich, am Abend des Mittwoch, 12. Juli 2023 eine Parteiveranstaltung zu besuchen, bei der dieser Dezernent persönlich anwesend war. Im Anschluss dieser Veranstaltung suchten wir das persönliche Gespräch und sagten deutlich, dass wir unter diesen Umständen gezwungen wären, sowohl von der 70er-Fete, als auch von weiteren Veranstaltungen Abstand zu nehmen. Wir bekamen zur Antwort, dass wir über diese Feststellung „noch einmal darüber schlafen“ sollten.

Aufgrund dieser Begegnungen berieten wir uns ausführlich in interner Runde und überlegten, wie wir mit diesem Umstand umgehen sollten. Wir entschieden uns für eine Veröffentlichung des Vorgangs, die dann am Donnerstag, 20. Juli 2023 stattfand.

Genau 1,50 Meter: Restfläche zwischen Kiosk 1975 und dem „Trittstein-Biotop“

Frage: Was sagt die Feuerwehr?

Antwort: Die Feuerwehr benötigt nach eigenen Angaben die gesamte Straße am Kiosk, um im Brandfall mit ihrem großen Leiterwagen Menschen aus dem oberen Stockwerken des angrenzenden Hauses zu retten. Daher sind auf fast der gesamten Länge der Straße alle Dinge untersagt, die nicht binnen Sekunden wegzuschaffen sind: Bühnen, Essensstände, Toilettenanlagen, große (sturmfeste) Sonnenschirmständer. Biertische und Bierbänke sind dagegen kein Problem, weil man sie schnell zur Seite räumen kann. Die Feuerwehr sagt aber auch: Die Nutzung der Wiese tangiert uns überhaupt nicht, da dies unsere Rettungswege nicht betrifft.

Ein Teil des Teams des Kiosk 1975

Frage: Warum stellt ihr keine großen Sonnenschirme auf die Straße?

Antwort: Das hört sich erst einmal gut und logisch an. Der Teufel liegt im Detail: Wenn jemand Sonnenschirme aufstellt, dann hat er automatisch auch die sogenannte Verkehrssicherungspflicht. Das bedeutet, dass wir dafür verantwortlich sind, dass von diesen Sonnenschirmen keine Gefahr ausgeht, zum Beispiel bei Windböen. Daher müssen große Sonnenschirme mit schweren Fundamenten bestückt werden, die schon mal 50-60 kg wiegen, damit nichts passiert. Diese großen Ständer sind dann aber auch gleichzeitig ein großes Hindernis bei einem Einsatz der Feuerwehr. Durch die große Schwere der Ständer können diese auch nicht von unserem Ehrenamts-Team zu jeder Öffnungszeit hin- und hergeschoben werden. Ebenso ungeklärt ist die Aufbewahrung der Sonnenschirme (Vandalismus!) , da wir über keine Lagerbox verfügen und deswegen auch keine Mülltonnen haben. Was auch illegal ist. Wir weisen seit langer Zeit darauf hin – es tut sich aber nichts.

Frage: Im Bürgerhaushalt 2022 der Stadt hat doch Eure Initiative für eine Platzbelebung und Kiosk-Toilette den 1.Platz gemacht – was ist seitdem passiert?

Antwort: Das ist richtig. Dank der großen Unterstützung im Quartier wurde nicht nur der 1. Platz in Darmstadt-West belegt, sondern sogar der abstimmungsstärkste Antrag in der gesamten Stadt. Die Toilette ist deswegen notwendig, weil man laut geltendem Recht Sitzplätze nur anbieten darf, wenn auch eine Toilette vorhanden ist. Leider haben wir seit dem Ende der Abstimmung (November 2022) nichts mehr hiervon gehört. Dies deckt sich mit den Ergebnissen der Bürgerhaushalte in den Jahren zuvor:

Chronologisch:

Unser Vorschlag im Jahr 2019: 1.Platz Darmstadt-West: Vorschlag # 199: Zugang für Rollatoren: Bürgersteig vor Quartierladen Postsiedlung absenken

Ergebnis: Eine zustimmende Magistratsvorlage. Folge: Ein Treffen mit einer Mitarbeiterin des Mobilitätsamtes bei uns vor Ort im Jahr 2021 (zwei Jahre später). Gutes Gespräch. Aufnahme der Punkte. Nach Monaten Nachfragen von unserer Seite. Auskunft: Die Mitarbeiterin hat wohl das Mobilitätsamt verlassen. Im Frühjahr 2022: Erneute Kontaktaufnahme eines Mitarbeiters des Mobilitätsamtes, der erklärt er sei erst wenige Tage neu im Job. Trotzdem sehr gutes, informatives und ausführliches Gespräch. Dann leider wieder Funkstille. Erneute Nachfrage. Wahrscheinlich zutreffende Antwort: Es sei so viel zu tun. Ergebnis: Wir sind im Jahr Vier nach der Abstimmung, keine Umsetzung, keine weitere Information zur Umsetzung.

Unser Vorschlag im Jahr 2020: 1.Platz Darmstadt-West: Vorschlag # 407: Alternative Mobilitätsangebote in und um die Postsiedlung stärken

Ergebnis: Eine zustimmende Magistratsvorlage. Folge: Bis zum heutigen Tag keine Kontaktaufnahme. Nachfragen blieben unbeantwortet. Ergebnis: Wir sind im Jahr Drei nach der Abstimmung, keine Umsetzung, keine weitere Information zur Umsetzung.

Unser Vorschlag im Jahr 2021: 1.Platz Darmstadt-West: Gefährliche Verkehrssituation Einmündung Moltkestraße / Bessunger Straße (oberhalb Kiosk)

Magistratsbeschluss: Zustimmung zur Idee, aber wegen personeller Bindung in Sachen Rheinstraßenbrücke und Nieder-Ramstädter-Straße auf absehbare Zeit keine Kapazitäten für eine Umsetzung.

Jahr 2022: 1.Platz Darmstadt-West und gesamte Stadt: Vorschlag zur öffentlichen Toilette auf dem Platz Moltkestraße (Notwendigkeit Kiosk Außenbestuhlung)

Erläuterung siehe oben.

Uih, das war jetzt ganz schön viel – Danke fürs Durchhalten!

Schreibt uns Eure Meinung unter: kiosk-freunde@t-online.de

Die Postsiedlung – Solidarität findet Stadt.