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Kiosk 1975: 70er Jahre Feier muss abgesagt werden – Grünflächenamt untersagt Nutzung von Wiese

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Zu unserem großen Bedauern müssen wir Ihnen und Euch heute mitteilen, dass wir dazu gezwungen sind, unsere lange geplante 70er Jahre Fete am 15. September 2023 anlässlich der Eröffnung unseres Kiosk 1975 abzusagen. Begründet ist dies durch eine plötzliche Neudefinition der öffentlichen Wiesenfläche an unserem Kiosk durch die zuständige Leitung des Grünflächenamtes der Wissenschaftsstadt Darmstadt. Zu unserer großen Überraschung wird diese Wiese nunmehr als „wertvolles Trittstein-Biotop“ angesehen.

Der von uns im intensiven Dialog mit vielen städtischen Ämtern im Kontext der aufwendigen Kiosk-Sanierung betriebene Entwicklungsprozess für eine sozio-kulturelle Belebung des Platzes endet nun in einem offiziell ausgesprochenen Nutzungsverbot. Dies betrifft alle Formen der geplanen Nutzung: Open Air-Kino, Konzerte und auch die regelhafte Kiosk-Nutzung als kommunikativer Ort unter den schattenspendenden Bäumen.

Wiesenfläche am Kiosk 1975, laut Grünflächenamt jetzt ein „wertvolles Trittstein-Biotop“
Google-Luftbild: 80% der nutzbaren Fläche besteht aus dieser Wiese – das zentrale Herzstück des Platzes.

In die Sanierung des Kiosk, inklusive der Infrastruktur für die sozio-kulturelle Belebung des einzigen öffentlichen Platzes im Quartier, wurden annähernd 200.000 Euro öffentliche Gelder investiert. Unser Verein investierte weitere 27.000 Euro, zusätzlich hunderte Stunden ehrenamtliche Arbeit. Unser gesamtes Kiosk-Team arbeitet komplett ehrenamtlich, weil ein solches sozio-kulturelles Projekt, welches das soziale Miteinander im Quartier stärkt, niemals unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten betrieben werden könnte. Zusätzlich hat der Projektkoordinator unseres Vereins die gesamte mehrjährige Planungszeit des Projektes ehrenamtlich bestritten. Da die zahllosen Abstimmungsgespräche mit städtischen Ämtern immer zu Uhrzeiten lagen, in denen normale Menschen arbeiten müssen, hat er hierfür weit über 100 Überstunden und viele Urlaubstage seiner damaligen anderen Vollzeitstelle investiert, um dabeisein zu können. Das Setting war jahrelang stets gleich: Alle Ämtervertreter waren natürlich in ihrer regulären Arbeitszeit da, wir haben unsere Freizeit investiert, weil uns das Gemeinwohl im Quartier ein persönliches Anliegen war und ist.

Eröffnung am 26. Mai 2023: Trotz schöner Stehtische und Bänke sind alle Gäste…
…inklusive Magistratsmitglieder, Fraktionsvorsitzende, Amtsleitungen und zahlreiche Medien…
…unter den schattenspendenden Bäume der Wiesenfläche versammelt. Ein illegaler Akt, wie wir jetzt vom Grünflächenamt wissen.

Das Ergebnis: Seit mindestens drei Wochen definiert das jahrelang an allen Prozessen beteiligte und eingebundene Grünflächenamt die Wiese am Kiosk, das zentrale Herzstücke des Platzes, als „wertvolles Trittstein-Biotop“. Und verbietet uns eine Nutzung dieser Grünfläche. Dabei hatten wir nicht vor, dort Woodstock-Festival´s zu feiern. Da viele Engagierte aus unserem Verein direkt dort wohnen, ging es uns um 4-5 ausgewählte Veranstaltungen pro Jahr. Wir wollen ja unseren Nachbarn nicht mit ständigen Veranstaltungen auf den Wecker gehen. Kommentar des zuständigen Abteilungsleiters im Grünflächenamt: Selbst wenn nur auf der dortigen Straße gefeiert würde, dann müsste die gesamte Wiesenfläche umzäunt werden, damit kein Gast die Wiese betreten kann oder jemand „gegen die Bäume pinkelt“. Das solch eine Umzäunung jeweils mehrere hundert Euro kostet, weiß das Grünflächenamt natürlich. So geht Dialog mit engagierten Bürger in der bürokratischen Praxis 😉

Reststreifen: Zukünftig dürfen wir nur noch diesen 1,50 Meter breiten Streifen zwischen Kiosk und Pflastersteinen nutzen. Dahinter beginnt das „Biotop“ des Grünflächenamtes.

Unser Traum einer sozio-kulturellen Belebung des Platzes ist somit vom Tisch. Die 70er Fete ist abgesagt, wir müssen der engagierten Live-Band eine Entschädigung von mehreren hundert Euro zahlen. Unser Sponsor hätte nur gezahlt, wenn die Feier auch wirklich stattfindet. Unser Quartierarbeiter wird den Betrag nun aus eigener Tasche zahlen. Wir sind so frustriert wie seit langer Zeit nicht mehr…

Das ist übrigens die Definition von Trittstein-Biotopen laut Wikipedia: https://de.wikipedia.org/wiki/Trittsteinkonzept

Die Sache ist sehr komplex und hat viele Ebenen. Über die jahrelange Kiosk-Sanierung und der dabei erlebten bürokratischen Prozesse könnten wir ein kleines Buch publizieren. Mit positivem Denken und unserer Vision vor Augen, hatten wir bisher alle Hürden gemeistert, bizarre bürokratische Situationen uns gegenüber weggelächelt – bis zu dieser neuen Situation.

Plötzlich illegal: Offizielle Sitzung des Denkmalbeirats der Wissenschaftsstadt Darmstadt mit Stadtverordneten und FachexpertInnen im Schatten der Bäume am 14.06.2023

Für uns steht fest:

  1. Die Nutzung der Wiesenfläche ist für die angestrebte Entwicklung eines sozialen Begegnungsortes im Quartier unerlässlich.
  2. Die alleinige Nutzung der nur knapp über 4 Meter breiten kleinen Straße am Kiosk ist durch strenge Auflagen der Feuerwehr so stark reglementiert, dass man alleine deswegen nicht im Ansatz von einem Ersatz der Wiesenfläche sprechen kann.
  3. Obwohl wir im gesamten Planungsprozess stets und wiederholt darauf hingewiesen haben, stellt die Nichtexistenz eines kleinen „Schuppens“ für Mülltonnen und Tische (unser Kiosk hat rechtswidrigerweise keine Mülltonnen, da diese keinen Stellplatz haben) ein ernsthaftes rechtliches Problem dar.
  4. Unsere Bitte der Schaffung eines barrierefreien öffentlichen WC (nur eine Kabine) mit Wickeltisch, wurde von uns x-fach in die Planungen eingebracht. Zuletzt war unser Vorschlag im offiziellen Bürgerhaushalt der Stadt nicht nur Abstimmungssieger im Quartier Darmstadt-West, sondern hatte die meisten Stimmen von allen eingereichten Projekten in der gesamten Stadt! Trotzdem haben wir bis zum heutigen Tag – bald ist ein Jahr vergangen – nichts mehr hiervon gehört. Keine Kontaktaufnahme. Kein Dialog. Nichts.
  5. Die Aufstellung von Sitzbänken, die aber unsere vielen älteren Gäste, Menschen mit Behinderung oder auch Kinder dringend benötigen, ist für unser Kiosk 1975 aber illegal, wenn keine Toilette angeboten werden kann. Wir möchten aber einen legalen Status und kein unterwürfiges Hoffen, dass das Ordnungsamt nicht zur Kontrolle vorbeikommt!
  6. Um das soziale Projekt Kiosk 1975 langfristig erhalten zu können, bedarf es einer für uns rechtssicheren Regelung, die uns in allen genannten Punkten eine legale Handlungsgrundlage ermöglicht. Wir engagieren uns sehr, arbeiten kostenlos und bringen für unser Engagement sogar noch fünfstellige Geldbeträge mit. Was kann sich eine Stadt sonst noch von ihren BürgerInnen wünschen? Kein Kiosk 1975 ist illegal!

Wir benötigen nun Eure Unterstützung!

Eine lebendige Demokratie lebt von Debatte. Wer sich vorstellen kann uns zu unterstützen, den bitten wir um Kontaktaufnahme unter kontakt@postsiedlung.de

Anmerkung I: Der gesamte Artikel ist ganz bewusst ohne jede Namensnennung formuliert, da es uns nicht um eine persönliche Auseinandersetzung geht.

Anmerkung II: Selbstverständlich existiert ein umfangreiches E-Mail Archiv der Schriftwechsel im Kontext der Kiosk-Planungen, in der das Grünflächenamt von Anbeginn umfangreich involviert war. Daher können wir auch nachwiesen, dass die Neudefinition der Kiosk-Wiese in das heutige „wertvolle Trittstein-Biotop“ über die gesamte Zeit der Planungen in keinem Wort erwähnt wurde. Dies bestätigen auch weitere städtische Mitarbeitende. Da wir hier kein 20-Seiten-Papier mit allen Details dieses Vorgangs veröffentlichen können, weil das niemand mehr liest, stehen wir Euren Rückfragen offen gegenüber.

Anmerkung III: Von engagierten Aktiven aus der Lincoln-Siedlung erreichen uns in diesen Tagen verstörende Nachrichten über das Agieren des Grünflächenamtes gegenüber Fußball spielenden Kindern und der Verhinderung des Aufstellens einer Hüpfburg beim Lincoln-Sommerfest, weil ein Randstück vertrocknete Wiese angeblich ebenfalls als Biotop gewertet wurde. Wir haben dies nicht überprüft und gegengecheckt. Es liegt jedoch nahe, dass hier ähnlich wie bei uns in der Postsiedlung verfahren wird.

Wir werden weiter berichten…

Ehemals jahrzehntelanger Zustand des Platzes – durch unser bürgerschaftliches Engagement ins Positive verändert… (Aufnahme aus dem Jahr 2020, Nummernschilder der Autos retuschiert)

Die Postsiedlung – Solidarität findet Stadt.