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Quartier: Augenarzt-Termin in der Wissenschaftsstadt? Ein fortwährender Skandal…

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Sie haben einen Augenarzt oder Augenärztin ihres Vertrauens in Darmstadt, den sie für Routinekontrollen oder ihre Behandlung aufsuchen dürfen? Dann sind sie ein Glückskind und sollten überlegen, ob sie nicht regelmäßig Weihnachts- und Geburtstagsgeschenke vorbeibringen, damit sie auch weiterhin in der PatientenInnen-Kartei bleiben…

Falls der Besuch eines Augenarztes bisher nicht auf ihrer Agenda stand, sie keine private Krankenversicherung haben und aufgrund von Behinderung und Erkrankung nicht so mobil sind, hat die zuständige Kassenärztliche Vereinigung eine klare Botschaft: Bleiben sie besser gesund – sonst wird es kompliziert.

Die Quartierarbeit von Zusammen in der Postsiedlung e.V., ebenso wie unser enger Kooperationspartner Rückenwind – solidarische Quartierarbeit im Darmstädter Westen e.V., berät, unterstützt und begleitet Menschen, denen es aus vielerlei Gründen nicht so gut geht. Und wir sehen es als unsere Aufgabe an, nicht nur über Dinge zu sprechen, sondern auch aktiv etwas für die Verbesserung der Lebensverhältnisse zu tun, die von den Betroffenen gewünscht wird. Daher sprechen wir auch ziemlich oft über gesundheitliche Probleme. Gesundheitliche Probleme rund ums Auge kommen dabei häufiger vor.

„Beim Augenarzt war ich bestimmt seit 15 Jahren nicht mehr“ oder „Ich habe mal probiert einen Termin zu bekommen, aber immer nur Absagen kassiert“, wären jetzt zwei klassische Antworten rund um das Thema Augenlicht.

Natürlich überzeugen wir die Betroffenen dann stets, den Kontrollbesuch bei einem Augenarzt nicht länger zu verschieben sondern gemeinsam mit uns aktiv anzugehen. Schon vor längerer Zeit haben wir intensiver versucht, hierfür Termine bei einem Augenarzt oder Augenärztin in Darmstadt zu bekommen. Unser Fazit: Als Mensch in der gesetzlichen Krankenversicherung ist dies faktisch nicht möglich.

Doch wie war das mit den Terminservicestellen, welche die Kassenärztliche Vereinigung für solche Fälle eingerichtet hat? Seit längerer Zeit nutzen wir stets dieses Angebot, um überhaupt eine Möglichkeit für eine augenärztliche Behandlung der bei uns um Unterstützung fragenden Menschen zu erhalten.

Doch jetzt die entscheidende Frage: Was denken sie, wie weit muss man fahren, damit diese Untersuchung stattfinden kann?

Seit Monaten sind wir immer wieder auf dieser Terminvergabeseite unterwegs, noch nie(!) haben wir dabei einen Termin in Darmstadt, Griesheim oder Weiterstadt angeboten bekommen. Die Termine sind meistens in Mannheim (!), 43 km entfernt, Hanau (knapp 40 km), Frankfurt (knapp 30 km), Bad Homburg (ca. 45 km) oder Heppenheim (fast noch dankbare 23 km).

Konkretes Beispiel für vorgeschlagene Augenarzt-Termine bei Wohnsitz in 64295 Darmstadt.

Wenn sie kein Auto besitzen, kostet die Zugfahrt nach Mannheim und zurück 16,50 Euro pro Strecke, also 33,- Euro insgesamt. Und wenn sie aufgrund von köperlichen Einschränkungen nicht alleine Zug fahren können? Dann können sie nur hoffen, dass sie jemand fährt und für die Strecke + Behandlungs- und Wartezeit ca. 3-4 Stunden Zeit für sie übrig hat. Unsere solidarische Nachbarschaftshilfe bringt das zeitlich und finanziell an unsere Grenzen. Wie sollen wir das stemmen?

Doch wohin führt das in der Konsequenz?

Die Antwort ist ganz einfach: Es führt dazu, dass sich Menschen, die kein soziales Netzwerk um sich herum haben, die eine solche Fahrt möglich macht, sich für eine Nichtbehandlung entscheiden. Mit oft schwierigen Folgen in der Zukunft.

Der Blick nach Amerika zeigt, wohin es führt, wenn Politik sich nicht für ein solidarisches Gesundheitssystem einsetzt:

Zahnärztliche Massenbehandlung in einer amerikanischen Turnhalle

Wir benötigen ein solidarisches Gesundheitssystem, bei dem Vorsorge und Behandlung nicht zum Hürdenlauf wird!

Die Postsiedlung – Solidarität findet Stadt.