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Oben bleiben.

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Wie uns konkrete nachbarschaftliche Solidarität im Alltag durch die Krise führen kann.

Das Gespräch mit der Tochter beim Abendessen bringt es auf den Punkt.  Auf die Frage, was die Corona-Pandemie denn mit ihr macht, platzt es aus ihr heraus: Ich will meine Freunde ohne Abstand zu halten treffen können, will alle die ich mag umarmen dürfen, ich will meinen Geburtstag mit vielen Kindern feiern…

Die Corona-Pandemie ist in ihren Auswirkungen eine Zumutung. Der jetzige Ausblick auf vielleicht sechs Monate stark ansteigende Infektionszahlen. Erneute Lockdowns. Schulschließungen. Und  dazu: Winter. Kurze Tage. Kälte.

Vielen Menschen stehen in der Folge der Pandemie zudem vor ernsthaften wirtschaftlichen Schwierigkeiten. Lebensträume zerplatzen. Dort ist eine Eventagentur pleite, dort ein kleiner Laden. Mitarbeitern einer Fluglinie, die mit gefühlt unendlicher Kraftanstrengung ihren Traumjob ergattern konnten, wird gesagt: Bitte suche sie sich einen anderen Beruf. Sie haben hier keine Perspektive.

Das alles findet auch in Darmstadt, in den Stadtteilen und Quartieren statt. Nehmen sie auch die zunehmende gereizte Stimmung im Alltag war?

Die Corona-Pandemie ist in ihren Auswirkungen eine Zumutung.

Die vorherrschende Ungewissheit der weiteren Entwicklungen gegenüber auszuhalten, ist und bleibt eine enorme Kraftanstrengung. Ein äußerst hilfreiches, aber häufig unterschätztes Mittel ist das der nachbarschaftlichen Solidarität.

Sich selbst in der Krise als handelnder Akteur zu betätigen, hilft nicht nur den Menschen, die hierdurch Hilfe und Unterstützung erfahren, sondern auch den Handelnden selbst. Solidarität in Krisenzeiten ist somit auch Prophylaxe für die Stabilität der eigenen psychischen Konstitution.

Konkret zu Handeln ist hierbei erfrischend einfach und am besten im eigenen, unmittelbaren Lebensbereich angesiedelt. Da viele Menschen mit Unterstützungsbedarf oftmals davor zurückschrecken, dies offen anzusprechen, hilft das nachbarschaftliche Gespräch.

Ein Schwätzchen halten und dabei fragen, wie es dem anderen mit den aktuellen Corona-Bedingungen so geht. Ob Unterstützung benötigt wird.

Wir haben im Quartier in und um die Postsiedlung die Erfahrung gemacht, dass neben organisatorischen Hilfestellungen wie Wocheneinkauf oder dem Einlösen von Rezepten, vielfach ein regelmäßiger Gesprächspartner gesucht wird, der sich Zeit zum Zuhören nimmt. Bereits nur eine Stunde in der Woche jemanden zu haben, der sich für die Lebenssituation interessiert und aktiv zuhört (auch nur telefonisch), macht für viele Menschen einen bedeutsamen Unterschied.

Oder der kleine Spaziergang im Quartier mit einer Dame oder Herren aus der Nachbarschaft, der dies aus eigenem Antrieb heraus wahrscheinlich nicht gemacht hätte, klingt fast banal einfach, ist dafür aber ebenso eine bedeutsame Unterstützung.

Viele weitere gute Ideen von Ihnen, ohne große Vorbereitung oder Einsatz von Geld, warten nur darauf, umgesetzt zu werden.

Wir sollten Taten statt Warten. Die Welt um uns herum wird dann ein Stückchen besser, wenn wir uns aufmachen und selbst aktiv werden.

Solidarität findet Stadt.

Bastian Ripper

Sprecher des Vereins Zusammen in der Postsiedlung e.V.