von Jan Becker: Prachtkäfer haben allgemein einen schweren Stand. Die meisten Arten entwickeln sich nämlich in abgestorbenem oder absterbendem Holz alter Bäume oder in Totholz. Da in forstwirtschaftlich genutzten Wäldern praktisch kein Totholz liegen bleibt, dazu die Bäume zumeist nicht mehr so alt werden dürfen, dass sie ausreichende Totholzbereiche entwickeln und in Städten und Parks solche angeschlagenen Bäume aus Sicherheitsgründen meist stark beschnitten oder gar ganz gefällt werden, fehlt es den Prachtkäfern an Lebensraum.
Umso besser, dass es unser Biotop mit altem Baumbestand und Totholzbereichen gibt! Insgesamt haben wir im Biotop bisher sechs verschiedene Prachtkäferarten gefunden, zwei davon sind in Deutschland stark gefährdet.
Der Kirschprachtkäfer (Anthaxia candens)
Der Kirschprachtkäfer ist ein sehr bunt gefärbter, sieben bis elf mm großer Prachtkäfer. Seine Larven entwickeln sich, wie der Name bereits vermuten lässt, in altem, noch stehenden, Kirschholz, wo sie sich hauptsächlich von Pilzen ernähren, die das Holz zersetzen. Die Entwicklung bis zum fertigen Käfer beträgt zwischen zwei und drei Jahren.
Der Kirschprachtkäfer konnte bereits das zweite Jahr in Folge im Biotop nachgewiesen werden und hat im Kirschbaum am Rand des Biotops vermutlich seine Kinderstube. Auf iNaturalist gibt es im Moment 23 Nachweise für Deutschland (vier davon aus unserem Biotop), die von Süd- bis Mitteldeutschland reichen (siehe Karte).
Die Zahl der Beobachtungen auf iNaturalist ist gegenüber den meisten anderen stark gefährdeten Arten vermutlich deshalb erhöht, weil der Käfer durch seine Bindung an alte Kirschbäume verhältnismäßig häufig auch im Siedlungsbereich auftritt und durch seine bunte Färbung dazu sehr auffällig ist.
Karte der Beobachtungen des Kirschprachtkäfers auf iNaturalist:
Der Berliner Prachtkäfer (Dicerca berolinensis)
Der Berliner Prachtkäfer ist mit 20 bis 24 mm ein sehr großer Prachtkäfer. Er ist in der Regel braun gefärbt, mit schwarzen Flecken und metallisch grünem Glanz.
Auch er entwickelt sich in abgestorbenen Bereichen alter Laubbäume, bevorzugt in Hainbuchen.
Die Entwicklung bis zum fertigen Käfer kann bei uns in Mitteleuropa bis zu fünf Jahre dauern. Die Käfer entwickeln sich bereits im Herbst des Vorjahres und kommen Ende Mai oder Anfang Juni aus dem Holz hervor. Allerdings verlassen sie dieses erst, sobald es eine Temperatur von mindestens 30°C erreicht hat.
Dieser Käfer ist sehr selten und auf iNaturalist gibt es bisher nur vier Nachweise aus Deutschland. Dabei kommen zwei aus Darmstadt, einer aus Frankfurt und ein weiterer aus der Region Heidelberg, sodass das Rhein-Main-Gebiet wohl einen Verbreitungsschwerpunkt darstellt und hier folglich eine besondere Verantwortung für den Schutz dieser Art liegt (siehe Karte).
Und noch ein eher trauriger Fakt zum Schluss: Ironischerweise gilt der Berliner Prachtkäfer in Berlin und Umgebung mittlerweile als ausgestorben.
Karte der Beobachtungen des Berliner Prachtkäfers auf iNaturalist:
Die Postsiedlung – Biodiversität findet Stadt.