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Quartier: Neuer Sozialatlas zu Armut in der Stadt Darmstadt erschienen!

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Der Sozialatlas 2025 der Wissenschaftsstadt Darmstadt kann ab sofort von der städtischen Webseite https://www.darmstadt.de/leben/soziales/sozialatlas-der-wissenschaftsstadt-darmstadt heruntergeladen werden.

Die Stadt schreibt in ihrer Pressemitteilung:

„Mit dem Ziel, die Lebensqualität und Chancengleichheit in unserer Stadt kontinuierlich zu fördern, knüpft der städtische Sozialatlas 2025 in neuer Konzeption an die lange Tradition der städtischen Sozialberichterstattung in Darmstadt an. Den Kern der früheren Berichte bildete der Sozialindex. Dieser wird durch den neu entwickelten Darmstädter Armutsindex ersetzt. Armut stellt eine zentrale Herausforderung für die Stadtgesellschaft dar. Hierbei geht es nicht nur um materielle Armut, sondern insbesondere um die Auswirkungen auf die soziale Teilhabe, auf die Gesundheit sowie die Lebensbedingungen und -chancen der Menschen,“ so Bürgermeisterin und Sozialdezernentin Barbara Akdeniz.

Der Armutsindex der Wissenschaftsstadt Darmstadt setzt sich aus drei Indikatoren zusammen: Kinderarmut, Armut von arbeitslosen, erwerbsfähigen Erwachsenen und Altersarmut. Der Index bildet somit die gesamte Lebenszeitspanne ab und liefert Erkenntnisse über die lokalen Armutsverhältnisse. „Nur durch eine differenzierte Betrachtung und Analyse der örtlichen Sozialstruktur können wir gezielte Maßnahmen zur Bekämpfung von Armut und Armutsfolgen entwickeln und so die Lebensbedingungen Betroffener nachhaltig verbessern“, erläutert Akdeniz.

Für den Armutsindex und die Armutsindikatoren gilt grundsätzlich: Je höher der Wert, desto größer ist der Handlungsbedarf. Insgesamt weisen sechs Stadtgebiete einen als hoch eingestuften Armutsindexwert auf. Diese sind die Kirchtannensiedlung, das Mornewegviertel, die Lincoln-Siedlung, das Pallaswiesenviertel, Kranichstein-Süd und Kranichstein-Nord.

Hier ist der Bericht:

Bei uns im Quartier Darmstadt-West und Alt-Bessungen befinden wir uns bei den Armutsindikatoren meist im mittleren Bereich. Weit entfernt von den wohlhabenden Wohnlagen wie Paulusviertel, Oberfeld oder der Villenkolonie. Aber ebenso entfernt von den schwierigen Verhältnissen in den Hochhaussiedlungen in Eberstadt, Kranichstein oder Darmstadt Nord-West rund um den Hauptbahnhof.

Bemerkenswert ist die Inanspruchnahme von Wohngeld in unserem Quartier am Südbahnhof (Postsiedlung). Wohngeld wird in der Regel als soziale Ergänzung zu einem niedrigen Erwerbseinkommen gezahlt. Hier liegt der Südbahnhof (Postsiedlung) stadtweit auf dem 4. Platz der Inanspruchnahme, das Verlegerviertel in unserem Quartier auf dem 11. Platz, noch knapp über dem städtischen Durchschnitt.

Als großes Problem muss hingegen die hohe Quote der Altersarmut bei uns im Quartier im Verlegerviertel und „Am Kavalleriesand (auch Industriegebiet Süd) bezeichnet werden. Etliche Personen aus dieser Gruppe kennen wir von unseren Angeboten solidarischer Nachbarschaft (u.a. SeniorInnen-Mittagstisch).

Wir sind über die Entwicklung der uns benachbarten Lincoln-Siedlung überrascht, die ja ein komplett neu geschaffenes Quartier darstellt. Leider ist der Armutsindex in der Lincoln-Siedlung weiter angestiegen, womit sie hinter der Kirchtannensiedlung (Hochhaussiedlung im Eberstädter Süden) und dem Mornewegviertel (Darmstadt Nord-West, rund um den Hauptbahnhof) mittlerweile auf den dritten Platz geklettert ist.

Keine gute Entwicklung, obwohl hier seit Jahren (in Relation zur Anzahl der im Bericht genannten 3000 BewohnerInnen) äußerst starke städtische Investitionen in die soziale Infrastruktur getätigt wurden und werden (eigene Grundschule, drei Kitas, eigene Gemeinwesenarbeit, eigenes Jugendzentrum, stark gefördertes Café-Projekt, eigenes Bürgerzentrum etc.). Für einen solch überschaubaren Sozialraum ist das wirklich sehr prägnant.

Man kann sicher nicht davon ausgehen, dass dieser schwierige Verlauf von Seiten der Stadt so geplant war. Nicht nur für die Entwicklung des benachbarten neuen Ludwigshöh-Quartiers wäre es sicherlich interessant zu fragen, welche Ansätze in der Sozialplanung in der Lincoln-Siedlung anscheinend nicht so gut funktioniert haben? Was hat sich anders entwickelt als angenommen? Welchen Spirit bräuchte eine Quartierarbeit? Hat sich die Vorgehensweise bewährt, sozialen Wohnungsbau im Schwerpunkt meist in ganzen Wohnblöcken zu errichten (also ein Haus mit ausschließlich nur gefördertem Wohnungsbau), anstatt auf Durchmischung und Einstreuung zu setzen?

Insgesamt: Ein toller und wirklich gut aufbereiteter Bericht, welcher im besten Fall dazu führt, dass nun offen hierüber diskutiert wird und an manch einer Stelle vielleicht altbekannte Wege verlassen und neue beschritten werden.

Die Postsiedlung – Solidarität findet Stadt.