Du betrachtest gerade Quartier: Gelungene Auftaktveranstaltung „Alter(n) und Pflege im Sozialraum“ des Darmstädter Bündnis Pflege

Quartier: Gelungene Auftaktveranstaltung „Alter(n) und Pflege im Sozialraum“ des Darmstädter Bündnis Pflege

  • Beitrags-Autor:

Unter dem Titel „Altern(n) und Pflege im Sozialraum und Quartier. Gemeindepflege – ein Konzept der Zukunft“ fand am Montag Nachmittag eine mit über 60 BesucherInnen sehr gut besuchte Auftaktveranstaltung des Darmstädter Bündnis Pflege im Heimathaus statt.

Im in diesem Jahr gegründeten Darmstädter Bündnis Pflege haben sich eine ganze Reihe von namhaften Darmstädter Vereinen und Institutionen zusammengeschlossen: Akademie 55plus, Fachkonferenz Altenhilfe der Wissenschaftsstadt Darmstadt, Gesundheitsnetz Roßdorf, Hiergeblieben e.V., Interessenvertretung für ältere Menschen der Wissenschaftsstadt Darmstadt, Seelsorge60plus Darmstadt, Sozialverband VdK/Ortsverband Roßdorf und die ver.di-Senior*innen Südhessen.

Drei Jahrzehnte nach Einführung der Pflegeversicherung hat sich in Fachkreisen die Erkenntnis durchgesetzt, dass das bestehende System der Sorge und Pflege an seine Grenzen gekommen ist. „Pflege am Limit“ ist die Regel, die Sozialhilfeabhängigkeit bei Menschen mit Pflegebedarf steigt, ebenso das Armutsrisiko von pflegenden Angehörigen und der Fachkräftemangel ist ein dauerhaftes Problem.

Symbolbild: Unser SeniorInnen-Mittagstisch im Quartier

Im Jahr 2018 ist unter dem Begriff „Gemeindeschwester 2.0“ ein Förderprogramm des Landes Hessen gestartet, mit dem eine Verbesserung der häuslichen Versorgung insbesondere von älteren Menschen vor Ort, d.h. im Quartier sichergestellt werden soll. Auch in Darmstadt und im Landkreis Darmstadt- Dieburg existiert inzwischen in mehreren Stadtteilen bzw. Landkreiskommunen das Angebot der Gemeindepflege mit Beratungsangeboten und als Lotsenfunktion. Allerdings stellt sich aktuell die Finanzierung des Projektes als ungesichert dar. Das Land Hessen hat eine finanzielle Unterstützung nur bis Ende 2025/2026 zugesagt, bei einer reduzierten Übernahme der Personalkosten von nur 80 % seit 2023, so dass die Kommunen die Restfinanzierung zu tragen haben.

Auch unser Quartierverein Zusammen in der Postsiedlung e.V. hat sich in der Vergangenheit um die Trägerschaft einer „Gemeindeschwester 2.0“ für unser Quartier Darmstadt-West (Postleitzahl 64295) bemüht, wurden aufgrund des begrenzten Budgets des Landes Hessen aber leider von Seiten der Stadt bisher noch nicht berücksichtigt.

Nach einer Begrüßung und guten thematischen Einführung durch Erhard Schleitzer und Jürgen Frohnert vom Bündnis Pflege, referierte Katharina Müller in einem sehr gelungenen Praxisvortrag über ihre Pioniertätigkeit im Aufbau der Gemeindepflege in Darmstadt-Wixhausen. Dabei machte sie in der Verknüpfung von sozialwissenschaftlichem Forschungsstand mit ihren eigenen Praxiserfahrungen deutlich, dass die bisherigen Beratungsstellen für Seniorinnen und Senioren im Schwerpunkt auf eine „Komm-Struktur“ setzen. Bedeutet: Die Betroffenen (oder die Angehörigen) müssen sich in der Regel selbst um einen Termin kümmern und dann in eine (entfernte) Beratungsstelle kommen.

Symbolbild: Unser SeniorInnen-Mittagstisch im Quartier

Die Gemeindepflege im Quartier hat hingegen den Vorteil, selbst vor Ort zu sein und in einer „Geh-Struktur“ bei den Ratsuchenden persönlich vorbeizuschauen. Gerade im Bereich der Pflege und weiteren Hilfsmitteln ein unverzichtbarer Vorteil. Müller machte deutlich, wie wichtig zudem die gute Verankerung der Gemeindepflege im Quartier/ Sozialraum ist. Um eine qualitativ gute Arbeit zu machen, müsse man vor Ort bekannt sein „wie ein bunter Hund“. Wenn man im Quartier sage „Das ist die Frau Müller und die ist ganz in Ordnung und hilft“, gingen viele Türe auf, die ansonsten (mit all dem sozialen Elend dahinter) verschlossen blieben. Sie sagt, dass Beratungsstellen mit lediglicher „Komm-Struktur“ (ohne aufsuchende Arbeit) nur 20% der Betroffenen erreichen, 80% erreiche man damit nicht. Wogegen Gemeindepflege in gut eingebundener und vernetzer Quartier-Struktur einen signifikant höheren Anteil an Betroffenen erreiche. Bedeutet: Man benötigt für diese Stellen hochmotiviertes Personal, die das Quartier in dem sie arbeiten wie „ihre eigene Westentasche“ kennen und große Lust an ihrer Arbeit haben.

Aus ihrer Sicht sind die Erfolgsfaktoren guter Gemeindepflege:

  • die Verortung der Gemeindepflege in einem klar umgrenzten Gebiet
  • die aufsuchende Beratung bei den Betroffenen
  • die soziale Unterstützung
  • eine kontinuierliche Begleitung (immer mal wieder vorbeischauen)
  • die Unterstützung bei administrativen Aufgaben (viele scheitern an der Bürokratie zur Erlangung von Hilfen)

In Beiträgen von Adriana Lanza und Gabriele Kleinert wurden weitere Aspekte und politische Perspektiven rund um das Thema beleuchtet, bevor das Publikum zu Wort kam. In der folgenden Diskussion wurde mehrmals die hessische Kommunalwahl im Frühjahr 2026 angesprochen, bei der man das Thema Alter und Pflege zentral in den Mittelpunkt stellen wolle.

Wie geht es weiter? In einem Fachtag im kommenden Frühjahr in Darmstadt soll das Thema Gemeindepflege im noch größeren Rahmen in den Fokus gestellt und diskutiert werden. Daraus entstehen könnte in der Folge eine Kampagne, welche die Sicherung der bestehenden Strukturen und deren weiteren Ausbau als Ziel hat.

Wir werden an dieser Stelle darüber berichten.

Die Postsiedlung – Solidarität findet Stadt.